Im Juni 2025 erscheint der Newsletter des EIW als EnergieRadar erstmals in neuer Form. Der EnergieRadar löst den bisherigen EnergieEffizienzRadar ab und wird Sie in Zukunft regelmäßig über aktuelle Themen im Energiebereich informieren – über Erfolgsgeschichten in Sachen Energieeffizienz ebenso wie über brisante Belange der Energiesicherheit oder den Diskussionsstand bei energiepolitischen Fragen.
Wir hoffen, Ihnen mit dem nunmehrigen, auch für mobile Geräte bedienfreundlicheren Format einen noch besseren Überblick zu den vorgestellten Themen bringen – nicht zuletzt auch mit den Links zu vertiefenden Quellen.
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EnergieRadar - Ausgabe 06/2025
Das aktuelle Energiebild:
> Industriestrompreise in Österreich deutlich über EU-Durchschnitt

Grafik: EIW. Quelle: Eurostat Data Browser, Kalab Energie Consulting
Die Elektrifizierung der Industrie wird einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität leisten können. Ein Hindernis dabei für Österreich: Die Strompreise für Industriebetriebe (ohne Steuern und Abgaben) liegen hierzulande praktisch durchgehend über dem Durchschnitt der EU-27 und weit über dem Preisniveau wesentlicher europäischer Mitbewerber. Energiekosten als zentraler Standortfaktor für die heimische Industrie und Wirtschaft waren auch Thema des EIW Energy Talk:
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EIW Energy Talk: Energiekosten sind wichtiger Standortfaktor
Der EIW Energy Talk ist eine neue Gesprächsreihe des Energieinstituts der Wirtschaft und startete mit einem wichtigen Thema: Energiekosten sind für die heimische Industrie und Wirtschaft ein zentraler Standortfaktor. Am 29. April diskutierte eine hochkarätige Runde im EIW, welche Auswirkungen die gestiegenen Energiepreise auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, aber auch auf ihre Investitionen in Klimaschutz haben, und welche Lösungsansätze an die Politik zu richten sind.
Die Attraktivität des Industriestandortes Österreich hat in den letzten Jahren in den Augen vieler Unternehmen abgenommen: Ob steigende Energiekosten, bürokratische Belastungen oder fehlende Infrastruktur – die Unternehmen stehen vor enormen Herausforderungen. Ende April lud das EIW daher zu einer Round-Table-Diskussion zum Thema Energiekosten im Spannungsfeld von Versorgungssicherheit, Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit.
Cristina Kramer und Renate Kepplinger (Wirtschaftskammer Österreich, Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik), Johannes Berger (EcoAustria Institute for Economic Research), Markus Steinhäusler (voestalpine AG Group Public Affairs), Christian Tesch (Geschäftsführer von oecolution Austria) sowie Enzo Zadra (Geschäftsführer der Norske Skog Bruck GmbH) diskutierten unter der Moderation von Oliver Dworak (Geschäftsführer EIW).
Die heimischen Strompreise liegen deutlich über dem EU-Durchschnitt – und dies wirke sich auf die österreichische energieintensive Industrie aus, strichen die Vertreter der Unternehmen vor allem den Vergleich mit Deutschland, Frankreich, Finnland und Norwegen heraus: Bis 2019 hatte Österreich wettbewerbsfähige Strompreise. 2024 lag aber der durchschnittliche Börsenstrompreis für Österreich bei 82 Euro pro Megawattstunde, in Deutschland betrug er 79 €/MWh, in Frankreich 58 €/MWh, in Finnland 46 €/MWh und in Norwegen 28 €/MWh – Steuern und Abgaben sind hier nicht miteingerechnet. Entlastungsinstrumente wie insbesondere die in allen anderen genannten Ländern seit Jahren umgesetzte ETS-Strompreiskompensation bringen den Mitbewerbern deutliche Kostenvorteile.
Österreichs industrielle Basis ist eine zentrale Voraussetzung für Wohlstand – und Klimaschutz funktioniert nur gemeinsam mit der Wirtschaft, nicht gegen sie. Bürokratische Belastungen durch neue kleinteilige Regelungen, die unternehmerische Kapazitäten binden und Kosten erhöhen, müssen vermieden werden. Grundsätzlich seien öffentliche Ausgaben zur Verbesserung der Standortbedingungen für die gesamte Industrie und Wirtschaft gegenüber vereinzelten Förderungen und Subventionen vorzuziehen.
Eine große Belastung im internationalen Wettbewerb ist der 2026 mit der Implementation des CO2-Grenzausgleichs (CBAM) beginnende Rückgang der Gratiszuteilung von CO2-Zertifikaten im EU-Emissionshandel. Da der CBAM nur am europäischen Markt wirkt, sind Exporte in Drittländer ohne entsprechende CO2-Bepreisung stark benachteiligt, und es fehlen immer noch entscheidende Festlegungen zur Vollanwendung des CBAM, die ja bereits Anfang 2026 starten soll.
Um die enormen, mit der Transformation der Produktion in Richtung Klimaneutralität verbundenen Investitionen planen und umsetzen zu können, sind berechenbare und wettbewerbskonforme Rahmenbedingungen erforderlich, die über parteipolitischen Kalkülen stehen müssen.
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Wärmewende leicht gemacht: GREENHEAT Training im EIW
Im März fand im Energieinstitut der Wirtschaft das dreitägige GREENHEAT Training statt, eine optimierte Neufassung der bewährten GREENFOODS Trainings, die seit 2014 von AEE INTEC und dem Energieinstitut der Wirtschaft angeboten und konsequent weiterentwickelt wurden. Viele Betriebe könnten ihren Energiebedarf um 10 bis 25 Prozent verringern, und zwar mit Maßnahmen, die kaum Investitionen erfordern. Das GREENHEAT Training gibt praktische Anleitungen für Personen mit einschlägigen technischen Vorkenntnissen, wie sie den Energiestatus Ihres Unternehmens analysieren und konkrete Lösungsmöglichkeiten durchrechnen können.
Nach 10 erfolgreichen GREENFOODS-Trainings mit über 100 Trainings-Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die zu zahlreichen erfolgreichen Umsetzungen von Maßnahmen zum Energiesparen geführt haben, ist das Konzept gründlich überarbeitet worden: Das neue GREENHEAT Training ist für Branchen mit Wärmebedarf unter 400°C von Nutzen – Lebensmittel und Getränke ebenso wie Automotive, Chemie und Kunststoff, Textilien, Maschinenbau oder Metallverarbeitung und -behandlung.
Das dreitägige Training vor Ort – zuletzt in den Seminarräumen des EIW in Wien – steht nach wie vor im Mittelpunkt. Dabei können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konkrete Projekte für das eigene Unternehmen mit Unterstützung von ausgewiesenen Fachleuten erarbeiten. Zusätzlich werden vertiefende Online-Module für die Vorbereitung und Nachbereitung angeboten.
Ein nächstes GREENHEAT Training ist schon geplant und soll spätestens im ersten Quartal 2026 stattfinden. Da die Teilnehmerzahl im Sinne einer intensiven Betreuung limitiert ist, können Sie sich bei Interesse gerne jetzt schon voranmelden: office@energieinstitut.net
> GREENHEAT Training: Infos auf der EIW-Website
> GREENHEAT im Newsletter von AEE Intec
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Sinkender Gasverbrauch: Konjunktur schraubt am Gashahn
Der Gesamtverbrauch an Gas in Österreich ging seit dem bisherigen Höchststand von 96 TWh im Jahr 2021 auf 74 TWh im Jahr 2024 zurück – das sind minus 23 Prozent. Selbst gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2018-2022 ergibt sich für 2024 rein rechnerisch eine Reduktion um 18,5 Prozent. Der detaillierter Blick auf die heimischen Jahreswerte zeigt allerdings, dass dieser Rückgang nicht ausschließlich positiv als Energieeinsparung interpretiert werden kann.
Es ist leider die rückläufige Anzahl der Betriebe, die zum Teil mit Schließungen und Produktionsverlagerungen erklärbar ist. Insgesamt ging die Zahl der Betriebe der österreichischen Industrie von 2010 bis 2023 um 19 Prozent zurück – das sind 500 Betriebe weniger. Allein von 2021 bis 2023 betrug der Rückgang sechs Prozent, das sind 143 Betriebe weniger. Von 2021 auf 2023 in der Papier- und der Stein- und keramischen Industrie machte der Verlust an Betrieben rund 9 Prozent aus, in der Metalltechnischen Industrie sechs, in der Chemischen Industrie drei Prozent.
Nicht außer Acht gelassen werden dürfen hier Maßnahmen vieler Unternehmen im direkten Zusammenhang mit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 und der folgenden hohen Verunsicherung im Hinblick auf die sichere Aufrechterhaltung der Gasversorgung: In einer Umfrage der Bundessparte Industrie der Wirtschaftskammer Österreich im Jänner und Februar 2023 gab rund die Hälfte der antwortenden Betriebe an, Erdgas (zumindest vorübergehend und teilweise) durch andere Energieträger ersetzt zu haben, am häufigsten durch Heizöl (24 Prozent) und Strom (29 Prozent). In geringer Anzahl wurden damals auch Biomasse, Fernwärme und Wasserstoff genannt. Als größtes Hindernis für den Umstieg auf andere Energieträger wurde damals die Gesetzeslage genannt, da keine erleichternden Regelungen zum Fuel Switch eingeführt wurden.
Österreich gehört zu den EU-Ländern mit der stärksten Industrierezession. Wesentliche Ursachen hierfür sind der Rückgang der Warenexporte – insbesondere in den EU-Binnenmarkt – sowie strukturelle Probleme der deutschen Industrie, die als wichtiger Handelspartner eine zentrale Rolle spielt. Die aktuelle Schwächephase ist nicht allein rein konjunkturell bedingt; vielmehr sieht sich Österreichs Industrie mit tiefgreifenden strukturellen Herausforderungen konfrontiert. In den vergangenen Jahren hat Österreich vor allem durch hohe Arbeits-, Energie- und Bürokratiekosten an preislicher Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt. Der zunehmende internationale Wettbewerb, insbesondere aus China, verschärft die Situation zusätzlich. Künftig dürfte auch die neue Zollpolitik der USA weitere Belastungen für die österreichische Industrie mit sich bringen.
Vergleichbare Entwicklungen zeigen sich auch bei unserem wichtigsten Handelspartner Deutschland: Wie Oliver Dworak, Geschäftsführer des EIW, in einem Artikel zur Energiewende in Deutschland für die Zeitschrift Ernährung darlegt, wird der bislang mit 500 Milliarden Euro bezifferte Ausbau der Stromnetze innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte günstiger ausfallen, weil der Strombedarf entgegen früheren Prognosen nicht ansteigt, sondern zwischen 2019 und 2023 sogar von 569 TWh auf 517 TWh gesunken ist – einzig bei Datenzentren steigt der Bedarf. Wenn der trotz allem notwendige Netzausbau auf einen längeren Zeitraum verteilt wird, reduziert das die Investitionskosten und dämpft den Anstieg der Netzgebühren.
Grund für den langsameren Ausbau der Übertragungs- wie auch der Verteilnetze ist allerdings, dass deutsche Industrieunternehmen Elektrifizierungsprojekte im Sinne der Energiewende aufgrund der konjunkturell schwierigen Lage zurückstellen, Investitionen in die Wasserstoff-Elektrolyse hinter den Erwartungen zurückbleiben, die E-Mobilität sich langsamer als erwartet entwickelt und der Verkauf von Wärmepumpen stagniert.
> Zum ganzen Artikel in der aktuellen Ausgabe von ÖKO+
> Artikel zur Energiewende in Deutschland in Ernährung
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EU-Projekte mit praktischem Nutzen für KMU
Das Energieinstitut der Wirtschaft ist Partner in drei Life-Projekten der EU, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: Kleinen und mittleren Unternehmen sollen praktische Hilfestellungen bei der Reduktion des Energieverbrauchs geboten werden. Das jüngste Projekt, EcoSMEnergy, erleichtert den Weg zu Energiemanagement-Systemen. Bei EnergyEfficiency4HORECA geht es um Treibhausgasreduktion in der Hotellerie und Gastronomie entlang der gesamten Wertschöpfungskette, und bei EnergyEfficiency4SMEs sind jüngst zwei kostenlose Webinare zu Möglichkeiten des Energiesparens in der Hotellerie angeboten worden. Unterlagen und auch Aufzeichnungen zu den Workshop-Beiträgen sind online verfügbar.
Georg Benke vom Projektpartner e7 energy innovation & engineering hat in seinem Vortrag zu Stromverbrauchsanalyse aufgezeigt, welche wertvollen Informationen über den Energiekonsum in den 15-Minuten-Stromverbrauchswerten stecken, die über den Smart Meter abrufbar oder beim Netzbetreiber kostenfrei anforderbar sind: Aus diesen Werten lassen sich Auffälligkeiten beim Verbrauchsprofil und somit auch konkrete Einsparmaßnahmen ableiten.
Claudia Julius vom deutschen Projektpartner Senercon hat die Impawatt Plattform vorgestellt. Dieses kostenlose Online-Werkzeug wurde im Rahmen von EU-Projekten entwickelt, damit Betriebe ihre Energieperformance verbessern können. Durch die Eingabe weniger Eckdaten können Unternehmen ihren eigenen Energieeffizienz-Status bewerten und die wirksamsten Einsparmaßnahmen ermitteln.
Paul Lampersberger (e7) zeigt in seinem Vortrag anhand von anonymisierten Fallbeispielen, welche Potenziale sich bei einem näheren Blick auf die Gebäudeleittechnik erschließen. Oft kann hier eine Energieeinsparung von 5 bis 10 Prozent erreicht werden, ohne dass groß in Hardware investiert werden müsste.
Mario Jandrokovic (EIW) hat schließlich die Photovoltaik-Flächenbörse vorgestellt. Mit Unterstützung durch das Klimaschutzministerium und die Wirtschaftskammer Österreich hat das EIW gemeinsam mit Photovoltaic Austria diese kostenlose Online-Börse kreiert: Alle, die über gut nutzbare Flächen für Photovoltaik verfügen, können so den richtigen Partner für Ihr Photovoltaik-Projekt finden. Bei der PV-Börse werden sie vor allem auf unterschiedliche Kooperationsmodelle stoßen, die den Weg zur Photovoltaik-Anlage ohne großen Einsatz von Zeit und Geld ebnen. Und sie können hier auch die richtigen Partner-Unternehmen für die Umsetzung des Vorhabens finden.
> Energieeffizienz-Workshop 29. April: Stromverbrauchsanalyse, Impawatt Plattform
> Energieeffizienz-Workshop 6. Mai: Gebäudeleittechnik, Photovoltaik-Flächenbörse
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Energie erklärt: Was ist die Strompreiskompensation?
Die Radar-Rubrik erklärt in aller Kürze, was über Energie gewusst werden muss. Diesmal geht es um Strompreiskompensation, und warum sie ein wichtiges Instrument zur nachhaltigen Sicherung des Industriestandorts Österreich ist.
Die Strompreiskompensation (eigentlich: Kompensation für indirekte CO2-Kosten) ist streng genommen keine direkte Unterstützung in Zeiten hoher Strompreise, sondern ein Element des europäischen Emissionshandels zur Vermeidung von Carbon Leakage. Im CO2-Handelssystem der EU müssen die verpflichteten Anlagen (also im Wesentlichen große Energieanlagen und große Industrieanlagen) jährlich im Ausmaß ihrer festgestellten fossilen Emissionen Zertifikate abgeben. Die Energieversorger geben diese Zusatzkosten über den Energiepreis an Letztverbraucher weiter, wodurch sogenannte indirekte CO2-Kosten entstehen.
Kauft ein energieintensiver Betrieb nun Strom aus dem Netz, kommt es hier zu einer besonders gravierenden zusätzlichen Kostenbelastung. Zudem kann dadurch „Carbon Leakage“ entstehen, das heißt: Stromintensive Produktionsschritte, im schlimmsten Fall ganze Betriebe, können in Staaten ohne CO2-Bepreisung abwandern, in denen aber die Stromproduktion höhere fossile Emissionen aufweist. Da die Elektrifizierung industrieller Prozesse zudem ein Instrument zur Dekarbonisierung darstellt, könnte durch indirekte CO2-Kosten und den dadurch steigenden Strompreis die Dekarbonisierung verlangsamt werden.
Die Emissionshandelsrichtlinie der EU empfiehlt daher den Mitgliedstaaten, einen Teil der CO2- Einnahmen dazu zu verwenden, einzelne Sektoren zu entlasten: Gemäß EU Leitlinien können nämlich nur bestimmte Industriezweige von dieser Klausel profitieren – und das zu genau festgelegten Bedingungen. Europaweit gewähren 15 Länder diese Kompensation, und teilweise sind dafür auch Budgets in Milliardenhöhe vorgesehen, wie in Deutschland.
In Österreich wurde diese Maßnahme bisher nur für ein einziges Jahr (2022) umgesetzt. Im Juni kündigte die Bundesregierung jedoch an, dass die Strompreiskompensation für die Jahre 2025 und 2026 mit jeweils 75 Millionen EUR ins Budget genommen wird – und dies soll eine entscheidende Entlastung im EU-Binnenmarktwettbewerb bringen.